Liebe Mandantinnen und Mandanten, liebe Betriebsräte,

die Betriebsratstätigkeit selbst darf nicht vergütet werden, sie ist aber trotzdem nicht kostenfrei, denn der Arbeitgeber ist gem. § 37 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, die während der BR-Tätigkeit ausfallende Arbeitszeit weiterhin zu vergüten. Damit sichert die Vorschrift – ähnlich wie bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – letztlich den arbeitsvertraglichen Vergütungsanspruch. Was dabei gerne schonmal übersehen wird, ist die Tatsache, dass dies nur gilt, wenn die ausgeübte BR-Tätigkeit auch objektiv als erforderlich angesehen werden kann. Der Streit hierüber kann im Extremfall zu einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung führen. Ein Klassiker aus diesem Bereich ist z.B. die Teilnahme an einer nicht genehmigten BR-Schulung, bei der Arbeitgeber nachträglich das Gehalt kürzt. Das BAG hatte sich jetzt mit einem noch alltäglicheren Fall aus diesem Bereich zu beschäftigen (vgl. BAG v. 13.03.2024 – 7 ABR 11/23).

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber ausgefallene Arbeitszeiten nicht vergütet, die für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen per Videokonferenz und für Vor- und Nacharbeiten derselben im Home-Office angefallen waren. Für die Betroffenen stellt sich nun zunächst das Problem, dass sich der Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsvertrag und damit ein individualrechtliches Thema ergibt. Wem also nun Geld fehlt, muss es selbst einklagen. Ohne Rechtsschutz bleiben die Betroffenen in 1. Instanz beim Arbeitsgericht dann auch noch auf ihren Verfahrenskosten sitzen.

Daher ist die Verärgerung bei den Betroffenen natürlich nur allzu verständlich und der Betriebsrat stellt sich automatisch die Frage, wie er dieser „Behinderung der Betriebsratstätigkeit“ angemessen begegnen und ihr für die Zukunft wirksam vorbeugen kann. Dabei muss man aus der erwähnten BAG-Entscheidung nun leider nur die Lehre ziehen, dass die Abwehrmöglichkeiten des Betriebsrats – z.T. aus rein prozessualen Gründen – sehr beschränkt sind. Insoweit zunächst die Feststellung, dass der Begriff „Behinderung der Betriebsratstätigkeit“ – ähnlich wie der Begriff „Mobbing“ – juristisch wertlos ist. Die Emotionalität ist verständlich, aber sie hilft nicht weiter. Zu klären ist in diesen Fällen immer, worin die Störung konkret besteht, gegen welche Vorschrift des BetrVG sie verstoßen könnte und ob ein Rechtsweg zur Abhilfe gegeben ist.

Im entschiedenen Fall bestand die Störung in der Nicht-Vergütung der ausgefallenen Arbeitszeiten. Es fehlt also zunächst Geld und dieses muss einzeln eingeklagt werden (s.o.). Der Betriebsrat hatte darüber hinaus aber natürlich die naheliegende Idee, auch seinerseits Wiederholungsfälle durch Unterlassungsanträge in einem Beschlussverfahren zu verhindern, u.a. wie folgt:

„Die Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, Gehaltsabzüge bei Betriebsratsmitgliedern/Ersatzmitgliedern für Zeiten durchzuführen, zu denen sie von zu Hause aus als geladene Teilnehmer an Betriebsratssitzungen nach § 30 Abs. 2 BetrVG iVm. der Geschäftsordnung des Betriebsrats per Video- oder Telefonkonferenz teilgenommen haben.“

Damit macht das BAG nur leider kurzen Prozess: der Antrag ist nämlich unzulässig, weil er bei richtiger Auslegung auf eine zukünftige Leistung, nämlich die Gehaltsfortzahlung in einem zukünftigen Wiederholungsfall gerichtet ist. Die typischerweise nachfolgenden Ordnungsgeldanträge gehen damit auch ins Leere.

Auch die hilfsweise gestellten Feststellungsanträge, in dem es um die Rechtsmäßigkeit einer Wertung als „unentschuldigte Fehlzeiten“ durch den Arbeitgeber ging, wies das BAG leider als unzulässig zurück, weil sie nicht bestimmt genug formuliert waren. Ob sich dies durch geschicktere Antragstellung hätte verhindern lassen, ist im Nachhinein kaum zu beurteilen. Es bleibt aber immer das Problem, dass Feststellungsanträge nicht zu einem Ordnungsgeldtitel gebracht werden können und sich damit ein zukünftiger Strafcharakter nicht realisieren lässt. Diese Verfahren sind daher eigentlich für den Betriebsrat wertlos.

Wenn Sie als Gremium hier also ähnliche Probleme haben sollten, lassen Sie die sinnvollen rechtlichen Möglichkeiten erst genau prüfen, bevor Sie sich aus (verständlicher) Emotionalität auf einen wackeligen Rechtsstreit einlassen, aus dem der Arbeitgeber nachher auch noch als Sieger hervorgeht.

Ihr Christopher Koll